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PEGIDA

Gründung / Sitz

Bei der Gruppierung Pegida („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“), die im Oktober 2014 in Dresden gegründet wurde, muss zwischen dem extremistischen Organisationsteam und dem an den Veranstaltungen teilnehmenden extremistischen bzw. nicht extremistischen Personenkreis unterschieden werden. Insbesondere Funktionäre des Organisationsteams, welche zum Teil Vorstandsmitglieder im „Pegida Förderverein e. V.“ sind, nehmen maßgeblich Einfluss auf den Willensbildungsprozess und das Aktivitätsniveau des nachrichtendienstlichen Beobachtungsobjektes Pegida. Pegida hat seit Mai 2020 einen Ableger in Zittau (Landkreis Görlitz). Der „Pegida Förderverein e. V.“ wurde im März 2015 gegründet und hat seinen Sitz in Dresden.

Vorsitz Sachsen: Lutz BACHMANN, Siegfried DÄBRITZ (beide Vorstand im „Pegida Förderverein e. V.“)
Teil-/ Nebenorganisationen: FREUNDE VON PEGIDA (kein eingetragener Verein) in Zittau
Publikationen / Internetauftritte: Eine Internetseite sowie zwei Telegram-Kanäle; diverse Seiten der Hauptprotagonisten bei „X“ (vormals Twitter), vk.com, GETTR und Kanäle bei BitChute und YouTube
Personenpotenzial/ Mitgliederentwicklung
  • vier Hauptakteure
  • ca. 20 Personen im Organisationsteam (u. a. auch Ordner),
  • Das Mobilisierungspotenzial für Pegida-Versammlungen in Dresden liegt im mittleren dreistelligen Bereich. Niedrige vierstellige Teilnehmerzahlen erreicht Pegida inzwischen nur noch bei herausgehobenen Veranstaltungen mit überregional bekannten Rednern. Veranstaltungen in Zittau können bis zu 20 Personen mobilisieren, im Regelfall sind es jedoch unter 15 Teilnehmer.
Finanzierung
  • Spenden bei Veranstaltungen bzw. über das Bankkonto des „Pegida Förderverein e. V.“
  • Online-Verkauf von Werbeartikeln
Kurzportrait / Ziele Pegida versteht sich selbst als „patriotische Bewegung“, welche sich gegen eine vermeintliche Islamisierung Europas stark macht. Es werden in Dresden und Zittau Veranstaltungen durchgeführt. Dabei ist Pegida auch für andere Rechtsextremisten (Zukunft Heimat aus Cottbus, Pegida Nürnberg, Identitäre Bewegung28, die sächsische AfD) und Einzelakteure aus der neurechten Szene eine wichtige Bühne für die Verbreitung ihrer eigenen verfassungsfeindlichen Ziele. Pegida ist vernetzt mit Rechtsextremisten im Ausland. In der Gesamtschau ist die Bestrebung vor allem eine Vernetzungsplattform für die rechtsextremistische Szene in Sachsen.
Relevante Ereignisse und Entwicklungen 2023

Das Veranstaltungsaufkommen ist stark zurückgegangen. Insgesamt gab es drei Veranstaltungen in Dresden: am 24. Februar mit Gastredner Jörg URBAN (AfD-Landesvorsitzender Sachsen), am 6. November mit einem Gastredner des AfD-Landesvorstandes Thüringen und am 18. Dezember mit Gastredner Jörg URBAN

Am 19. März 2015 wurde der Verein „PEGIDA Förderverein e.V.“ beim Amtsgericht Dresden eingetragen. Er wird vertreten durch den Vorstand, dessen Mitglieder u. a. Lutz BACHMANN und Siegfried DÄBRITZ sind. Zu PEGIDA wird über BACHMANN und DÄBRITZ hinaus unter anderen auch Wolfgang TAUFKIRCH gezählt, der für den Personenzusammenschluss agiert und ihn damit nachdrücklich unterstützt. Hinzu kommt Thomas WALDE, der bei Veranstaltungen in Dresden seit Ende August 2020 mitunter Versammlungsleiter bzw. stellvertretender Versammlungsleiter ist und durch die Veranstaltungen führt. Des Weiteren organisiert er auch die Veranstaltungen in Zittau. PEGIDA wurde im Mai 2021 durch das LfV Sachsen als erwiesene rechtsextremistische Bestrebung eingestuft.

Der Personenzusammenschluss Pegida hat sich im Verlauf seines Bestehens eine immer stärkere rechtsextremistische Ausrichtung gegeben. In aller Öffentlichkeit werden unverhohlen rechtsextremistische Positionen propagiert, die mit dem Wertekanon des Grundgesetzes gänzlich unvereinbar sind. Dazu gehört, dass der Parlamentarismus permanent verächtlich gemacht und das Rechtsstaatsprinzip abgelehnt werden. Außerdem finden sich in den Redebeiträgen regelmäßig minderheitenfeindliche und muslimfeindliche Äußerungen.

Neben einer fremden- und insbesondere islamfeindlichen Ideologie, die z. B. durch die pauschalisierende Kriminalisierung von Personen mit Migrationshintergrund deutlich wird, werden Beiträge verbreitet, die an die antisemitisch konnotierte Verschwörungstheorie zum „Great Reset“ bzw. „Großen Austausch“ angelehnt sind. Insbesondere in diesem Zusammenhang zeigen sich Verstöße gegen die grundgesetzlich verbriefte Garantie der Menschenwürde.

Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zeigten sich in Redebeiträgen auf Veranstaltungen sowie in Beiträgen in den sozialen Medien. So schrieb Wolfgang TAUFKIRCH in den sozialen Medien am 19. März Folgendes: „Mit der Zuwanderung aus den für uns kulturfremden Gegenden der ganzen Welt steigt die kriminelle Gewalt und das für einige Gruppen ausgeprägte Selbstverständnis, Konflikte ausschließlich mit dem Messer zu lösen.“
Zudem erstellte Wolfgang TAUFKIRCH häufig chronologische Darstellungen von Straftaten, die (mutmaßlich) von Personen mit Migrationshintergrund verübt wurden. Dementsprechend wurden in den sozialen Medien auch Statistiken veröffentlicht, welche die „nichtdeutschen“ Gewaltdelikte in den Vordergrund rückten. Die pauschalisierende Kriminalisierung und Herabsetzung von Flüchtlingen sowie die Diffamierung von Angehörigen der islamischen Glaubensgemeinschaft sind unvereinbar mit dem grundgesetzlich verankerten Schutz der Menschenwürde (Artikel 1 GG) und der Religionsfreiheit (Artikel 4 Absatz 1 GG). Neben den Themen Ukraine-Krieg und Klimaschutz nahm Pegida mit der zunehmenden Asylthematik auch das Thema Migration wieder stärker auf. Sowohl auf Versammlungen als auch in den sozialen Medien wurden demokratische Institutionen und politische Entscheidungsträger in diesem Kontext wiederholt verächtlich gemacht. So wurde in den sozialen Medien am 5. Mai veröffentlicht: „736 Abgeordnete wollen gefahren werden, nichts ist es mit Klimaschonung, wenn man im Zirkus Maximus sitzt! 120 (!) Limousinen mit Chauffeur stehen […] innerhalb der Stadtgrenzen von Berlin kostenfrei zur Verfügung […], weil z.B. ein vergesslicher Kanzler den Weg nicht mehr weiß. […] Für die Grünen natürlich ein Lastenfahrrad. (Für Ricarda […] dann ein Tieflasten-Fahrrad.)“
Diffamierungen bzw. Kriminalisierungen politisch Andersdenkender waren auch im Berichtsjahr Grundbausteine in Pegida-Reden und Social-Media-Beiträgen, wobei die Grenze von demokratisch legitimer, scharfer Kritik am Regierungshandeln regelmäßig überschritten wurde.

Pegida verfolgt zielgerichtet die Strategie, mit extremistischer Programmatik immer tiefer in die Mitte der Gesellschaft einzudringen und einen ideologischen Schulterschluss zwischen dem rechtsextremistischen Klientel und den politisch indifferenten Teilen der Gesellschaft herbeizuführen.

Durch das Bereitstellen der Pegida-Bühne für rechtsextremistische (Gast-)Redner fungiert Pegida wie ein „Scharnier“ zwischen Extremisten und Nichtextemisten. Einer weiteren Entgrenzung des Rechtsextremismus und einem Übergreifen verfassungsfeindlicher Positionen auf die bürgerliche Mehrheitsgesellschaft wird dadurch Vorschub geleistet.

Pegida erfüllt eine wichtige Netzwerkfunktion insbesondere in der neurechten Szene. Es bestehen enge Beziehungen zu anderen rechtsextremistischen Gruppierungen, wie der Identitären Bewegung und Zukunft Heimat aus Cottbus (Brandenburg). Zudem wird offen mit der rechtsextremistischen Partei AfD sympathisiert. Dies wurde auch im Berichtsjahr im Zuge entsprechender Auftritte hochrangiger AfD-Funktionäre bei Pegida-Veranstaltungen sichtbar. Der Ausbau dieses überregionalen Beziehungsgeflechts wird auch zukünftig von Relevanz sein, nicht zuletzt um weiterhin die eigene Bedeutung innerhalb des deutlich gestiegenen Angebots an Protestakteuren bzw. Protestveranstaltungen zu bewahren.

Insbesondere durch die Übertragung der Pegida-Veranstaltungen im Livestream und die spätere Bereitstellung der Videos auf verschiedenen Online-Plattformen wird eine bundesweite Reichweite angestrebt und auch erzielt. Videos von Pegida erreichen mitunter 30.000 Aufrufe.

Der Strategiewechsel, die Veranstaltungen von Montag auf Dienstag zu legen, war wenig erfolgreich. Das Jahr 2023 war für Pegida wegen einer kaum nennenswerten Anzahl von Veranstaltungen ein Tiefpunkt.

Ein ähnliches Bild zeigte das Versammlungsgeschehen in Zittau (Landkreis Görlitz). Waren zu Beginn des Berichtsjahres Veranstaltungen festzustellen, folgten im Verlauf des Jahres keine weiteren Versammlungen.

Im Berichtszeitraum fanden in Dresden drei und in Zittau zwei Veranstaltungen statt:

Datum Ort Teilnehmer Aktivitäten
02.02.2023 Zittau (Landkreis Görlitz) 60 Kundgebung unter dem Motto: „Kampf für den Frieden in Europa anlässlich des 80. Jahrestages der Kapitulation der Wehrmacht in Stalingrad"
05.02.2023 Zittau (Landkreis Görlitz) nicht bekannt Kundgebung zum Thema „Wahrung unserer Grundrechte“
Redner: Thomas WALDE
24.02.2023  Dresden ca. 2.500 Kundgebung mit Aufzug unter dem Motto „Frieden schaffen ohne Waffen“ Redner: u. a. Wolfgang TAUFKIRCH, Lutz BACHMANN, Siegfried DÄBRITZ, Jörg URBAN (AfD)
06.11.2023 Dresden ca. 1.000 Kundgebung mit Aufzug unter dem Motto „Gegen Glaubenskriege auf deutschem Boden“
Redner: Wolfgang TAUFKIRCH, Lutz BACHMANN, Siegfried DÄBRITZ
18.12.2023 Dresden ca. 1.600 Kundgebung mit Aufzug unter dem Motto „Gegen Glaubenskriege auf deutschem Boden“ Redner:
Wolfgang TAUFKIRCH, Lutz BACHMANN, Jörg URBAN (AfD)

Anlässlich des ersten Jahrestages des Ukraine-Krieges veranstaltete das „Breite Europäische Bündnis für Frieden und Völkerverständigung iG“ unter dem Motto „Großer Dresdner Friedensspaziergang - Frieden schaffen ohne Waffen“ am 24. Februar eine Kundgebung mit Aufzug in Dresden. Hinter dem Veranstalter verbarg sich Pegida, da die Versammlung von Lutz BACHMANN angemeldet und von Wolfgang TAUFKIRCH geleitet wurde. Redner waren neben BACHMANN und TAUFKIRCH u. a. Jörg URBAN sowie der Gründer des rechtsextremistischen brandenburgischen Vereins „Zukunft Heimat e. V.“, Dr. Christoph BERNDT.

Die Versammlung stellte ein Novum dar, da die strategische Zusammenarbeit zwischen Pegida und dem AfD-Landesverband Sachsen erstmals auch öffentlich sichtbar wurde. Weitere Veranstaltungen dieses Bündnisses in Dresden wurden zwar angekündigt, fanden aber im Berichtsjahr nicht statt.

Pegida ist weiterhin ein wichtiger Akteur im Bereich der „Neuen Rechten“. Thematisch fokussiert sich diese Gruppierung insbesondere auf die Asyl- und Migrationspolitik in Deutschland und Europa sowie auf die Folgen des Ukraine-Krieges. Vor allem durch die permanente Verbreitung von Meldungen über Straftaten von Personen mit Migrationshintergrund wird beständig eine feindliche Stimmung gegen diese Personengruppe erzeugt. Außerdem werden politische Institutionen und Entscheidungsträger diffamiert und verächtlich gemacht.

Während bei Pegida-Veranstaltungen in den ersten Jahren hohe vierstellige Teilnehmerzahlen unter Beteiligung der gesellschaftlichen Mitte erzielt werden konnten, waren die Teilnehmerzahlen mit Beginn der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden staatlichen Maßnahmen rückläufig. Hintergrund dürften zum einen zunehmende konkurrierende Parallelveranstaltungen sowie zum anderen die stärkere verbale Radikalisierung der Pegida-Akteure gewesen sein.
Mit Zunahme der Asylbewerberzahlen in Sachsen rückte Pegida das Thema „Anti-Asyl“ erneut stärker in den Fokus seiner virtuellen und realweltlichen Aktivitäten. Jedoch vermochte es diese rechtsextremistische Gruppierung bislang nicht, mit ihrem „Ur-Thema“ wieder an die hohen, wöchentlich generierten Teilnehmerzahlen von mehr als 10.000 Personen in den Anfangsjahren 2014 und 2015 anzuknüpfen. Angesichts der inzwischen zahlreichen Konkurrenzveranstaltungen anderer rechtsextremistischer Gruppierungen zum gleichen Thema erscheint dies auch für die Zukunft nicht realisierbar zu sein.

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