Hauptinhalt

Neonationalsozialistische Gruppierungen

Parteiungebundene Strukturen

Sitz sachsenweit; Schwerpunkte in Bautzen (Landkreis Bautzen), Dresden und Leisnig (Landkreis Mittelsachsen)
Gründung / Bestehen seit bundesweit: 1970er Jahre
Publikationen bundesweit: u. a. N.S. HEUTE, NORDISCHE ZEITUNG Sachsen: keine
Internetauftritte wechselnde Internetseiten, Blogs, Profile in sozialen Netzwerken und Messenger-Diensten
Personenpotenzial
  2023 2022
Sachsen ca. 570 ca. 600
bundesweit29 k. A. k. A.

 

Finanzierung Beiträge der Anhänger, Spenden, Unkostenbeiträge bei Vortragsveranstaltungen, Vermarktung und Verkauf rechtsextremistischer Devotionalien wie T-Shirts o. ä.
Kurzportrait / Ziele Neonationalsozialisten sind vor allem durch eine positive Bezugnahme auf das sog. „Dritte Reich“ gekennzeichnet. Innerhalb der rechtsextremistischen Szene sind sie am stärksten ideologisch geprägt. Organisatorisch sammeln sie sich in „Kameradschaften“ oder informellen Gruppen. Die strukturelle Bindung ist jedoch in den vergangenen Jahren zugunsten digitaler Vernetzungen schwächer geworden.
Relevante Ereignisse und Entwicklungen 2023: Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemässer Lebensgestaltung e. V. wurde mit Wirkung vom 27. September 2023 verboten. Die einzige Demonstration der Neonational-Sozialistischen Szene im Freistaat Sachsen mit einer hohen Teilnehmerzahl fand am 11. Februar in Dresden statt. Der 13. Februar als Gedenktag an die Bombardierung der Landeshauptstadt Dresden im Jahr 1945 stellt landes- und bundesweit weiterhin das Hauptereignis „historischen Gedenkens“ der Neonationalsozialistischen Szene dar.

 

Die Neonationalsozialistische Szene ist gekennzeichnet durch eine auf dem historischen Nationalsozialismus fußende Weltanschauung. Abgrenzungskriterien zum subkulturell geprägten Rechtsextremismus sind der bei Neonationalsozialisten stärker ausgeprägte Wille zur politischen Arbeit sowie eine intensivere Auseinandersetzung mit inhaltlichen Aspekten des Weltbildes der Neonationalsozialisten.

Neonationalsozialisten stellen mit dieser Orientierung den ideologisch entschiedensten Teil der Szene dar und zählen damit zu den überzeugtesten Gegnern des demokratischen Rechtsstaates innerhalb des Rechtsextremismus. Kern neonationalsozialistischer Überzeugungen sind Geschichtsrevisionismus bis hin zur Holocaustleugnung, Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus und Antipluralismus. Diese Ideologieelemente stehen im Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Für Neonationalsozialisten ist die Demokratie „die Herrschaft der Minderwertigen“. Der Staat solle nach ihren Vorstellungen stattdessen autoritär nach dem „Führerprinzip“ regiert werden. Die „Volksgemeinschaft“ zeichne sich durch die Überlegenheit von „Weißen“ – der „arischen Rasse“ – aus. Zuwanderung und Integration werden als Angriff auf die „biologische Substanz des deutschen Volkes“ gewertet. Gewalt wird als ein legitimes und gebotenes Mittel der politischen Auseinandersetzung angesehen.

Nach den Verboten der Nationalen Sozialisten Döbeln im Jahr 2013 und der Nationalen Sozialisten Chemnitz (NSC) im Jahr 2014 haben neonationalsozialistische Gruppierungen auch aufgrund einer weiter fortschreitenden Digitalisierung ihre bestehenden Organisationsstrukturen weitgehend aufgegeben. Statt hierarchisch strukturierter Kameradschaften oder Gruppen des „Nationalen Widerstands“ dominieren jetzt virtuelle Kennverhältnisse vor Ort. Nur in Einzelfällen gibt man sich nach außen hin noch ein Label – und dies häufig auch nur aus propagandistischen Gründen. Stattdessen strukturiert sich die Szene beispielsweise über Kampagnen und Szeneveranstaltungen. So kann sie die eigene Flexibilität erhöhen und sich gleichzeitig staatlichen Exekutivmaßnahmen leichter entziehen.

Einzelne Neonationalsozialisten versuchen darüber hinaus, szeneintern neue Impulse zu setzen und bedienen sich moderner Medien, wie z. B. YouTube, „X“ (vormals Twitter), Telegram und Instagram. In den Videos und Podcasts unter Namen wie beispielsweise „Moe´s Taverne“ wird die rechtsextremistische Ausrichtung der Beiträge unter dem Deckmantel intellektueller Aufarbeitung – oft nur unterschwellig – vermittelt. Dennoch greift die Szene weiterhin auch auf klassische Medien zurück. Die Zeitschrift N.S. Heute des Dortmunder Neonationalsozialisten Sascha KROLZIG präsentiert sich diesbezüglich als weltanschaulicher Wegweiser der Szene.

Die Neonationalsozialistische Szene konzentriert sich inzwischen auf Aktivitäten im „vorpolitischen und nicht zwingend extremistischen Raum“: „Wenn wir nicht anfangen, alle nur denkbaren Bereiche von Sportvereinen, Schützenvereinen, Boxund Kampfsportschulen, staatlichen Strukturen, gegnerischen Strukturen etc. zielgerichtet zu unterwandern, […] werden wir auch weiterhin marginalisiert bleiben und nichts verändern können.“

Dementsprechend fokussiert man sich darauf, „Alltagssorgen“ der Menschen sowie die öffentliche Diskussion bestimmende Debatten aufzugreifen und für die eigenen verfassungsfeindlichen Ziele zu instrumentalisieren.

Mit den genannten Strategien versuchen Neonationalsozialisten sowohl auf versteckte als auch auf offenkundige Art und Weise innerhalb und außerhalb der rechtsextremistischen Szene ein positives Bild über das sog. „Dritte Reich“ zu vermitteln. Sie wollen damit die Geschichte umdeuten bzw. die Verbrechen des NS-Regimes relativieren oder gänzlich leugnen und auch für nicht extremistische Kreise anschlussfähig sein.

Die Neonationalsozialistische Szene unterscheidet sich vom parteigebundenen Rechtsextremismus hinsichtlich ihrer Organisationsform.
So setzte sich der Trend hin zu einer Verringerung fester Strukturen in der Neonationalsozialistischen Szene infolge des Verbots der Artgemeinschaft im Berichtsjahr weiter fort. Bereits in den vergangenen Jahren hatten sich vor allem Führungspersonen der Szene häufig für den Eintritt in rechtsextremistische Parteien, wie Die Heimat (vormals NPD), deren Jugendorganisation Junge Nationalisten (JN) und Der Dritte Weg entschieden. Im Berichtsjahr stellte das LfV Sachsen auch Eintritte in die Partei Freie Sachsen fest. Auf diese Weise sollen die eigenen Aktivitäten im Schutze des im Grundgesetz festgeschriebenen Parteienprivilegs (Art. 21 GG) unbehelligt fortgeführt werden.

Wegen der Auflösung fester Szenestrukturen gewinnen insbesondere bei jüngeren Szene-Anhängern schnell einzurichtende, offene und geschlossene Gruppen oder Foren auf Messenger-Diensten und in den sozialen Medien weiter an Bedeutung. Die virtuellen Vernetzungsmöglichkeiten der Szene ergänzen das Gemeinschaftsgefühl und die Gruppenzugehörigkeit. Weiterhin etabliert sich das Internet in der Szene zunehmend als zentrales Medium, um auch in kurzer Zeit eine große Anzahl von Anhängern zu erreichen und zu mobilisieren.

Aus einer virtuellen Vernetzung heraus entstanden in der Vergangenheit auch im Freistaat Sachsen einzelne neonationalsozialistische Gruppierungen mit realweltlichen Aktivitäten. Diese lösten sich jedoch binnen kurzer Zeit wieder auf.

Mit Wirkung vom 27. September verbot die Bundesinnenministerin die Artgemeinschaft – Germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemässer Lebensgestaltung e. V. Das Verbot schloss als Teilorganisationen das „Familienwerk e. V.“ sowie sämtliche als „Gilden“, „Gefährtschaften“ und „Freundeskreise“ organisierten Regionalgruppen mit ein. Von den mit der Umsetzung des Verbots einhergehenden Durchsuchungen in zwölf Bundesländern war auch der Freistaat Sachsen betroffen.

Die seit 1951 bestehende Artgemeinschaft nahm innerhalb des völkisch-rassistischen Milieus eine Vorreiterrolle ein. Kennzeichnend für die Artgemeinschaft war die Anerkennung des Führerprinzips, die Forderung nach Unterordnung des Einzelnen unter die Gemeinschaft wie auch die Verpflichtung zur Reinheit der Rasse bzw. Art. An den „Gemeinschaftstagungen“ der Organisation in Ilfeld (Thüringen) nahmen regelmäßig auch Personen aus Sachsen teil. Mit ihren Schriften und Veranstaltungen bot die Artgemeinschaft bis zu ihrem Verbot den nötigen Raum, um Neonationalsozialisten und deren Familien an die Szene zu binden und rassistische Überzeugungen weiterzugeben.

Für die Betreuung inhaftierter Rechtsextremisten trat im Jahr nach dem 2011 vollzogenen Verbot der Hilfsorganisation für nationale und politische Gefangene und deren Angehörige e. V. (HNG) die GefangenenHilfe. info (GH) in Erscheinung. Die GH ist ein in Schweden eingetragener Verein, dessen Hauptanliegen die finanzielle Unterstützung der Inhaftierten und ihrer Familien ist („Gemeinschaft statt Isolation“). Durch diese „Gefangenenbetreuung“ sollen die Inhaftierten weiterhin an die rechtsextremistische Szene gebunden werden. Die Hilfsorganisation informiert in Internetkanälen über Gefangene und bietet ein Postfach in Schweden an, über das man an Gefangene oder Anwälte anonym Briefe versenden kann. In den vergangenen Jahren warb die GH auch bei rechtsextremistischen Veranstaltungen im Freistaat Sachsen um Spenden.

Die politische Betätigung spielt für Angehörige der Neonationalsozialistischen Szene eine wichtige Rolle. Aufgrund der nicht mehr – wie in früheren Jahren – vorhandenen organisatorischen Festigkeit der Szene sind Veranstaltungen als „Sammlungspunkte“ wichtig, um über die sozialen Medien hinaus weiterhin miteinander verbunden und handlungsfähig zu bleiben.

Demonstrationen

Demonstrationen waren für die Neonationalsozialistische Szene lange Zeit das wichtigste Mittel, um ihr ideologisches Anliegen in die Öffentlichkeit zu tragen und sich gleichzeitig als Bewegung zu präsentieren. Die Anzahl der Demonstrationen der Neonationalsozialistischen Szene ist in den vergangenen Jahren allerdings stark zurückgegangen. Stattdessen wird die Organisation und Leitung von Versammlungen mittlerweile von den besser strukturierten rechtsextremistischen Parteien übernommen.

„Heldengedenken“

Von geringerer Reichweite sind traditionell die „Heldengedenken“. Dabei werden die in den Weltkriegen Gefallenen als „Helden“ und „Kämpfer“ im Sinne der rechtsextremistischen Ideologie propagandistisch vereinnahmt. Diese Gedenkveranstaltungen finden vor allem um den „Volkstrauertag“ im November statt. Im Berichtsjahr wurden sachsenweit verschiedene kleinere „Gedenkaktionen“ auch von Neonationalsozialisten ausgerichtet. Sie werden regelmäßig genutzt, um die Verbrechen des NS-Regimes auszublenden und stattdessen ausschließlich die „Kriegs- und Nachkriegsverbrechen der Alliierten“ in den Mittelpunkt zu rücken.

Sonnenwendfeiern

Die Sonnenwendfeiern am 21. Juni und 21. Dezember sind feste Termine in den Kalendern von Neonationalsozialisten. Im Rahmen der Sonnenwendfeiern versuchen sie, verfassungsfeindliche Ideologieelemente mit der „Lagerfeuerromantik“ dieser Feier zu verbinden. Sonnenwendfeiern wurden zu Zeiten des Nationalsozialismus als offizieller Feiertag eingeführt. Ziel war es, mit heidnischem Brauchtum christlichen oder anderen religiösen Feiertagen Konkurrenz zu machen. Gegenwärtig dienen die Feiern der Bewahrung dieses „historischen Erbes“ und der Pflege des Gemeinschaftsgefühls

Vortragsveranstaltungen

Wichtigste Vortragsveranstaltungen der Neonationalsozialistischen Szene waren in der Vergangenheit die zumeist konspirativ organisierten „Zeitzeugenvorträge“. Bei diesen traten Personen auf, die in der Zeit des historischen Nationalsozialismus sozialisiert wurden und ihre Lebenserinnerungen schilderten. „Zeitzeugenvorträge“ waren ein wichtiges Instrument, um die rechtsextremistische Ideologie und Agitation historisch zu legitimieren. In Sachsen fanden in den vergangenen Jahren mehrere „Zeitzeugenvorträge“ mit teilweise einigen hundert Teilnehmern statt. Im Berichtsjahr hingegen organisierte die rechtsextremistische Partei Freie Sachsen lediglich einen vom Umfang her wesentlich kleineren sog. „Stammtisch mit Zeitzeugen“ in Roßwein (Landkreis Mittelsachsen). Diese Tatsache ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Neonationalsozialistische Szene für die Organisation von relevanten Veranstaltungen inzwischen auf rechtsextremistische Parteien mit entsprechendem Mobilisierungspotenzial angewiesen ist.
Darüber hinaus dürfte es für die Szene zunehmend schwieriger werden, Zeitzeugen wegen deren inzwischen hohen Alters oder Todes zu gewinnen.

„Kampfsportveranstaltungen“

Das Interesse von Neonationalsozialisten am Kampfsport ist unverändert hoch, wenngleich im Berichtsjahr keine derartigen Veranstaltungen in Sachsen stattfanden. Einzelne Rechtsextremisten aus dem Freistaat nahmen allerdings am 6. Mai an der von deutschen Rechtsextremisten mitorganisierten Kampfsportveranstaltung „European Fight Night“ in Ungarn teil.
Kampfsport dient im Rahmen entsprechender Events nicht nur dem wettbewerbsmäßigen Kräftemessen sowie der engen Vernetzung und der Kontaktpflege innerhalb der Szene, sondern vor allem dem Training der körperlichen Ertüchtigung für den Kampf gegen den politischen Gegner. Rechtsextremisten nahmen im Berichtsjahr als Kämpfer oder Zuschauer zudem an unpolitischen Kampfsportveranstaltungen teil. Abseits von größeren Veranstaltungen nutzen sie lokale, oft nicht der rechtsextremistischen Szene zugehörige „Gyms“ (Sportstudios), um sich verschiedene Kampfsporttechniken anzueignen. Kampfsportveranstaltungen und „Gyms“ bieten Neonationalsozialisten auf unkomplizierte Art und Weise die Möglichkeit, mit anderen mit der rechtsextremistischen Szene sympathisierenden Personen Kontakt aufzunehmen und diese für ihre eigenen extremistischen Aktivitäten zu begeistern.

Beteiligung an Veranstaltungen im europäischen Ausland

Alljährlich im Februar beteiligen sich Neonationalsozialisten aus Sachsen an der rechtsextremistischen Gedenkveranstaltung „Tag der Ehre“ und der sich daran anschließenden rund 60 km langen Gedenk- und Wandertour „Ausbruch 60“ in Ungarn. Ungarische Rechtsextremisten erinnern damit an die Belagerung der Stadt Budapest durch die sowjetische Rote Armee zum Ende des Zweiten Weltkrieges sowie an den Ausbruch von mehr als 40.000 ungarischen und deutschen Soldaten am 11. Februar 1945. Die Gedenkveranstaltung wurde auch im Berichtsjahr von den örtlichen Behörden verboten, fand aber dennoch in einem abgelegenen Wald bei Budapest statt. Diese Veranstaltung bietet deutschen Neonationalsozialisten regelmäßig die Möglichkeit, sich mit Rechtsextremisten aus dem europäischen Ausland zu vernetzen.

Landeshauptstadt Dresden

Seit Jahren stellt der 13. Februar als Gedenktag für die Bombardierung der Stadt Dresden im Jahr 1945 landes- und bundesweit das Hauptereignis im Rahmen des „historischen Gedenkens“ der rechtsextremistischen – vor allem aber der Neonationalsozialistischen Szene – dar. Das Narrativ eines „Bombenholocausts“ wird dabei seit Jahren hochgehalten und dient der Relativierung des Holocausts sowie einer Täter-Opfer-Umkehr. Am 11. Februar nahmen ca. 670 Personen an dieser Veranstaltung („Trauermarsch“) teil. Anmelder war erneut der in den Landkreis Mittelsachsen zugezogene Rechtsextremist Lutz GIESEN. Die Organisatoren entschieden sich dabei bewusst für einen Samstag als Veranstaltungstag und mussten damit in Kauf nehmen, dass zeitgleich der oben beschriebene „Tag der Ehre“ in Budapest stattfand. Somit verteilte sich das neonationalsozialistische Klientel auf zwei Szene-Veranstaltungen.

Einsatzkräfte der Polizei stoppten mehrfach den Aufzug, da Teilnehmer gegen das Vermummungsverbot verstießen sowie Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendeten. Im weiteren Verlauf versuchten Gegendemonstranten wiederholt den Aufzug zu stören. Die Polizei konnte ein Aufeinandertreffen der beiden politischen Lager unterbinden. Nach dem Wegfall der Corona-Maßnahmen beteiligten sich erstmals wieder ausländische Rechtsextremisten an dieser „Gedenkveranstaltung“ in der Landeshauptstadt.

Landkreis Bautzen

Im Landkreis Bautzen ist die neonationalsozialistische Gruppierung Balaclava Graphics aktiv, die durch einen bekannten Rechtsextremisten aus Bautzen angeführt wird. Seit Jahren stellt dieser Online-Plattformen u. a. für die Mobilisierung für Versammlungen zur Verfügung. Zunächst unter der Bezeichnung „Stream BZ“, später unter „Balaclava Graphics“ wurde auch im Berichtsjahr in den sozialen Medien (Instagram, Telegram, Facebook, „X“ (vormals Twitter), YouTube, TikTok) für Veranstaltungen geworben und über diese berichtet. Die Szene wiederum nutzt diese Plattformen für entsprechende Kommentare. Weiterhin bietet der Rechtsextremist überregional die grafische Gestaltung von Werbe-Flyern und Covern an, die u. a. von rechtsextremistischen Bands genutzt werden.

Balaclava Graphics selbst bezeichnet sich als „Das rechte Medienkollektiv aus der Oberlausitz“ und führt zu seinen Aufgaben wie folgt aus:

Wie Ihr schon erwähnt habt, filmen und fotografieren wir Veranstaltungen aus unserem Spektrum. Wir wollen professionelle Bilder liefern. Das ist etwas, was das rechte Spektrum viele Jahre völlig vernachlässigt hat. Zusätzlich bieten wir auch Konzertfotografie, Musikvideos, Trailervideos, grafische Gestaltung von Flyern, CDs, Büchern usw. an.
Natürlich kommt auch der Aktivismus nicht zu kurz. Wir alle sind aktiv und begleiten unsere und andere Aktionen mit der Kamera, um sie in Szene zu setzen. Die Nachbereitung im Netz ist bei Aktionen ebenso wichtig wie die Aktion an sich. Gerade durch die Aufarbeitung in sozialen Netzwerken ist man in der Lage, mit seiner Aktion mehrere tausend Menschen zu erreichen. Zudem betreiben wir Recherche über linke Strukturen, deren Veranstaltungen/Demonstrationen wir auch „undercover“ besuchen und begleiten.“

Balaclava Graphics begleitete im Berichtsjahr verschiedene rechtsextremistische Veranstaltungen, u. a. den „Trauermarsch“ der Neonationalsozialistischen Szene am 11. Februar in Dresden, die „Heldengedenken“ am 22. April in Niederkaina bzw. am 19. November in Göda und Königshain und die rechtsextremistische Kampfsportveranstaltung „European Fight Night“ am 6. Mai in Ungarn medial und veröffentlichte entsprechendes Bild- und Videomaterial in den sozialen Medien. Zudem wurde auf den Social-Media-Kanälen von Balaclava Graphics regelmäßig für die wöchentlichen Protestveranstaltungen in Bautzen geworben und anschließend über das Veranstaltungsgeschehen berichtet sowie Fotos und Videos veröffentlicht

Die Neonationalsozialistische Szene im Raum Bautzen führte auch im Berichtsjahr sog. „Heldengedenken“ durch:

Am 22. April gedachten in Niederkaina ca. 25 Personen der im Zweiten Weltkrieg von der Roten Armee getöten Angehörigen des „Volkssturms“. Sie begaben sich in Zweierreihen zur Gedenktafel, führten ein Transparent der Jungen Nationalisten (JN) mit und legten ein Blumengebinde nieder. In den späten Abendstunden fand in Niederkaina eine weitere, jedoch unangemeldete Gedenkaktion zur gleichen Thematik statt. Wiederum ca. 25 Teilnehmer stellten sich mit Fackeln an der Gedenktafel auf. Die Polizei beendete diese Zusammenkunft. Unter den Teilnehmern befand sich wieder der bekannte Rechtsextremist aus dem Raum Bautzen, der bereits die Veranstaltung am Nachmittag angemeldet hatte.

Anlässlich des Volkstrauertages am 19. November gedachten auf dem Soldatenfriedhof in Göda mindestens 60 Personen der deutschen Opfer des Zweiten Weltkrieges. Neonationalsozialisten aus dem Raum Bautzen beteiligten sich zudem an einer weiteren Gedenkveranstaltung am 19. November in Königshain (Landkreis Görlitz).

Balaclava Graphics berichtete im Nachgang u. a. auf seinen Social-Media-Kanälen über die Veranstaltungen.

Einzelne, der Subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene im ostsächsischen Raum angehörige Personen sind über entsprechende Kennverhältnisse mit der Neonationalsozialistischen Szene in Ostsachsen mehr oder weniger eng vernetzt. So unterstützen sie sich gegenseitig durch die Teilnahme an Veranstaltungen, wie beispielsweise den „Heldengedenken“, dem sog. „Trauermarsch“ in Dresden anlässlich des 13. Februars oder bei rechtsextremistischen Konzerten.

Landkreis Mittelsachsen

Durch die gezielte gemeinsame Ansiedlung von Rechtsextremisten im ländlichen Raum wird die Bildung rechtsextremistischer, realweltlicher Netzwerke mit Bezügen u. a. zur Neonationalistischen Szene begünstigt. Die in der medialen Berichterstattung als „Völkische Siedler“ bezeichneten Rechtsextremisten pflegen eine naturorientierte ländliche Lebensweise auf der Basis einer völkisch-nationalistischen Ideologie. In Sachsen ist insbesondere eine Ansiedlung von einzelnen untereinander eng verbundenen Rechtsextremisten mit ihren Familien in Leisnig bekannt. Seit Februar 2020 warben Rechtsextremisten auch unter dem Label „Initiative Zusammenrücken“ für weitere Ansiedlungen im mitteldeutschen Raum. Am 28. September gab die Initiative jedoch – mutmaßlich aufgrund des Verbots der Artgemeinschaft – die Einstellung ihrer Aktivitäten mit sofortiger Wirkung bekannt. In ihrer hierzu veröffentlichten Erklärung betonte die Initiative, dass sie „in der gegenwärtigen Lage einzig die Strategie der Sammlung für erfolgsversprechend erachte. Und diese Sammlung muss in Mitteldeutschland stattfinden.“

zurück zum Seitenanfang