Hauptinhalt

Alternative für Deutschland (AfD) – Landesverband Sachsen

Gründung 2013/Dresden
Vorsitz Jörg URBAN (MdL)
Teil-/ Nebenorganisationen
  • Teil-/ Nebenorganisationen
  • Jugendorganisation Junge Alternative für Deutschland (Landesverband Sachsen) 
Publikationen
  • Verteilung gedruckter Broschüren an Haushalte
  • Veröffentlichung von Online-Informationsmaterial
  • Homepage sowie diverse Auftritte in den sozialen Medien (u. a. Facebook-, Telegram- und Instagramkanäle des Landesverbandes und der Kreisverbände, Kommunikation über „X“ (vormals Twitter)
Personenpotenzial/ Mitgliederentwicklung
2023
ca. 1.300/ca. 2.800

 

Finanzierung Mitgliedsbeiträge, Spenden, staatliche Parteienfinanzierung
Kurzporträt/Ziele Der AfD-Landesverband Sachsen ist im Freistaat Sachsen seit der Landtagswahl 2019 die größte Oppositionspartei. Seine Protagonisten verfolgen im Hinblick auf die Zuwanderung beispielsweise in ihren Reden sowie in den sozialen Medien eine Politik des sog. Ethnopluralismus und vertreten in der Migrationsdebatte völkisch-nationalistische Positionen. Insoweit entsprechen sie einer Politik, wie sie von der sog. „Neuen Rechten“, einer unstreitig rechtsextremistischen Strömung, verfolgt wird. In diesem Kontext verwendet die AfD ideologische Kampfbegriffe der rechtsextremistischen Szene wie „Der Große Austausch“, „Umvolkung“ oder „Remigration“. Dabei spielen in der Agitation führender Parteivertreter auch antisemitische, verschwörungsideologische Positionen eine zentrale Rolle. Außerdem diffamieren führende Parteimitglieder staatliche Institutionen und politische Entscheidungsträger und machen diese durch ihre Äußerungen verächtlich. Darüber hinaus existieren enge strukturelle und strategische Verbindungen zu anderen rechtsextremistischen Akteuren. Der AfD-Landesverband strebt einen grundlegenden politischen Richtungswechsel an, den er auch selbst als „Systemwechsel“ bezeichnet. Ferner setzt sich der Landesverband u. a. für die Stärkung der „traditionellen Familien“ und die Kündigung des Rundfunkstaatsvertrages ein.
Relevante Ereignisse und Entwicklungen 2023
  • größte und relevanteste rechtsextremistische Partei im Freistaat Sachsen
  • Kampagne „Unser Land zuerst!“
  • Zusammenarbeit mit anderen, erwiesen extremistischen Bestrebungen
  • Landesparteitag 2023
  • Einstufung durch das LfV Sachsen als gesichert rechtsextremistische Bestrebung am 8. Dezember 2023

 

Der AfD-Landesverband Sachsen verfolgt im Hinblick auf die Zuwanderung eine Politik des sog. Ethnopluralismus23, einem Markenkern des politischen Rechtsextremismus. Danach würde sich der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ausschließlich nach ethnisch-biologischen bzw. kulturellen Kriterien richten. Ein solches Volksverständnis ist jedoch mit dem Grundgesetz unvereinbar. Mit dem Ethnopluralismus würde zwangsläufig die Herabsetzung, Ausgrenzung und Benachteiligung fremder Völker, also von Migranten und ethnischen Minderheiten, einhergehen. Sie würden als Menschen zweiter Klasse angesehen und pauschal verächtlich gemacht. Eine derart rassistische Ausprägung des Volksbegriffs, wie ihn die AfD Sachsen öffentlich vertritt, hat seine Wurzeln bereits im historischen Nationalsozialismus.
In der Migrationsdebatte vertritt die Partei typische völkisch-nationalistische Positionen. Flüchtlingen werden pauschal negative Charaktereigenschaften zugeschrieben, damit die deutsche Bevölkerung sie als Gefahr wahrnimmt. Der AfD-Kreisverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge bestätigte beispielsweise am 25. August in einem Facebook-Kommentar die Meinung eines Nutzers, wonach Ukrainer die Deutschen „ausnehmen“ würden, und unterstellte Migranten aus Afrika und dem arabischen Raum Tötungsabsichten gegenüber Deutschen. Führende Vertreter der Landespartei verwenden in diesem Kontext im öffentlichen Diskurs regelmäßig ideologische Kampfbegriffe der rechtsextremistischen Szene, wie „Der Große Austausch“, „Umvolkung“ oder die Forderung nach „Remigration“. Auch diese Begriffe verbergen ihren rassistischen Kern und ihre Urheberschaft im Nationalsozialismus.
Die Islam- und Muslimfeindlichkeit des AfD-Landesverbandes drückt sich insbesondere dadurch aus, dass männliche Migranten aus dem arabischen Raum mit einer drastischen, angsteinflößenden Wortwahl pauschal als „importierte Killer“, „Messer-Migranten“, „vergewaltigende, mordende und plündernde Invasoren“ oder „Rapefugees“ öffentlich diffamiert und diskriminiert werden. Damit schürt der AfD-Landesverband fortwährend Ängste und Ressentiments gegen Ausländer in der Bevölkerung. Die Religion des Islam wird von führenden Parteifunktionären pauschal als „unfriedlich“ und „erobernd“ beschrieben. Außerdem sind in diesem Kontext einzelne Aussagen und Forderungen feststellbar, die dem Rechtsstaatsprinzip entgegenstehen. So forderte ein Parteifunktionär im Berichtsjahr zum Beispiel eine Diskussion über die Wiedereinführung der Todesstrafe für „importierte Killer“.

Ferner bedienen sich führende Vertreter der Partei gängiger antisemitischer, zumeist verschwörungsideologischer Positionen, die regelmäßig von Rechtsextremisten und Reichsbürgern verwendet werden. Antisemitismus wird von diesen zwar nicht direkt geäußert, wohl aber durch sogenannte Codes und Chiffren verschlüsselt, zum Beispiel über die „internationale Finanzelite“. So sprach der Landesvorsitzende Jörg URBAN beispielsweise in seiner Sonntagskolumne in den sozialen Medien am 29. April in diesem Zusammenhang von den „tonangebenden Globalisten in Politik, Medien und Konzernen“ und bediente damit das verschwörungstheoretische und antisemitische Narrativ einer vermeintlich mächtigen und im Hintergrund agierenden Gruppe, welche die Weltpolitik bestimme, den Nationalstaat abschaffen wolle und gleichzeitig Migration und Kriege fördere.

Darüber hinaus agitiert der AfD-Landesverband gegen die politische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland. Dabei werden sowohl die staatlichen Institutionen als auch deren Repräsentanten immer wieder öffentlich diffamiert und verächtlich gemacht. Es geht dem AfD-Landesverband gerade nicht um eine sachliche Auseinandersetzung mit den politischen Verhältnissen, wozu auch Kritik gehören würde, sondern um die generelle Herabwürdigung der Demokratie. Hochrangige Vertreter der Landespartei bedienen in aller Öffentlichkeit Narrative wie „Diktatur“, „Unrechtsregime“, „postdemokratischer Totalitarismus“, „Parteienkartell“ sowie „Staats- und Propaganda-Medien“. In der Gesamtschau geht es der AfD Sachsen darum, mit diesem Vokabular das Vertrauen der Bevölkerung in die verfassungsmäßige Ordnung und Funktionsfähigkeit unserer Demokratie von Grund auf zu erschüttern sowie Proteste und Widerstand aus der gesellschaftlichen Mitte heraus zu forcieren.

Der AfD-Landesverband Sachsen nutzte im Berichtsjahr das in der Bevölkerung vorhandene Protestpotenzial im Zusammenhang mit der Migrations-, Energie- und Wirtschaftspolitik für die Mobilisierung eigener Anhänger sowie für die Verbreitung seiner verfassungsfeindlichen Agenda bis tief in die gesellschaftliche Mitte hinein. Indem AfD-Funktionäre den regierungstragenden Parteien permanentes Versagen in allen Themenbereichen vorwerfen und deren Zusammenarbeit als „Kartell“ abwerten, überhöhen sie gleichzeitig die eigene Partei als einzig wählbare und deutschen Interessen allein dienende Alternative. In diesem Zusammenhang getätigte rechtsextremistische Äußerungen führender Funktions- und Mandatsträger u. a. bei Versammlungen und in den sozialen Medien werden innerparteilich zur Kenntnis genommen, ohne dass es seitens der Landespartei öffentlich zu einer Distanzierung oder zumindest kritischen Auseinandersetzung käme. Die Partei erscheint damit nach außen wie ein „monolithischer Block“.

Außerdem gibt es zahlreiche Belege für strukturelle und strategische Verbindungen des AfD-Landesverbandes zu anderen gesichert extremistischen Akteuren. Hierzu gehören – zumindest punktuell auf lokaler Ebene – die Freien Sachsen, ferner die Identitäre Bewegung, Pegida, das Institut für Staatspolitik und die Compact-Magazin GmbH. Deren Chefredakteur, der Rechtsextremist Jürgen ELSÄSSER, war im Jahr 2023 wiederholt Gastredner bei Veranstaltungen der sächsischen AfD.

Immer wieder ist vereinzelt eine offene und formelle Kooperation mit den Freien Sachsen und anderen erwiesenen extremistischen Bestrebungen festzustellen. Diese wird augenscheinlich vom AfD-Landesvorstand selbst vorangetrieben. Sinnbildlich dafür steht die im Gespräch mit dem Chefredakteur des Compact-Magazins im März 2023 getätigte Aussage des Landesvorsitzenden URBAN, wonach die AfD alles unterstützen solle, was sich auf der Straße bewege. Dies kann bereits als Kooperationsangebot an die Freien Sachsen verstanden werden, da diese zu diesem Zeitpunkt der „Dirigent“ der Proteste im Freistaat Sachsen waren.

Die Unvereinbarkeitsliste für eine AfD-Mitgliedschaft, welche u. a. eine zeitgleiche Mitgliedschaft bei den Freien Sachsen ausschließt, kann vor diesem Hintergrund als „Feigenblatt“ bezeichnet werden. Würde sich die AfD tatsächlich glaubwürdig, konsequent und nachhaltig von erwiesenen Rechtsextremisten distanzieren, würde sie ein strategisches aktionsbezogenes Zusammengehen mit den Freien Sachsen bei Versammlungen unmissverständlich ebenso ausschließen wie eine Doppel-Mitgliedschaft in dieser Partei.

Von ihrer Jugendorganisation, dem sächsischen Landesverband der Jungen Alternative (JA), die das LfV Sachsen am 26. April 2023 als erwiesene rechtsextremistische Bestrebung eingestuft hatte, hat sich die AfD Sachsen seitdem ebenfalls nicht einmal ansatzweise distanziert.

Dieses Vorgehen offenbart eine seitens des AfD-Landesverbandes verfolgte Doppelstrategie: Einerseits gibt er sich nach außen hin mit seinem Parteiprogramm und der Unvereinbarkeitsliste eine gesellschaftlich anschlussfähige, „bürgerliche“ Fassade. Andererseits sprechen seine Funktionäre aus der ersten und zweiten Reihe mit ihren bewusst gewählten verfassungsfeindlichen Äußerungen zugleich überzeugte Rechtsextremisten an. Sobald rechtsextremistische Argumentationsmuster führender AfD-Funktionäre beispielsweise von den Medien entlarvt werden, schaltet die Partei in eine strategische Opfer-Rolle um. Aussagen werden umgehend relativiert oder der „Lügenpresse“ wird vorgeworfen, Aussagen aus dem Kontext gerissen und falsch dargestellt zu haben. Nicht selten behaupten Parteifunktionäre, verfassungsfeindliche Aussagen seien in einem privaten Kontext getroffen worden und damit nicht der Partei zuzurechnen.

Schlussendlich verfolgt der AfD-Landesverband Sachsen als selbsternannte „Fundamentalopposition“ nur ein Ziel: möglichst hohe Stimmenanteile bei Wahlen zu generieren und seine verfassungsfeindliche Agenda im Wirkungsradius beispielsweise von Gemeinde-, Stadt- und Kreisräten sowie des Sächsischen Landtages umsetzen zu können.

Der AfD-Landesverband Sachsen untergliedert sich in 13 Kreisverbände, die mit den Landkreisen und kreisfreien Städten deckungsgleich sind. Er ist personell und strukturell gefestigt und dominiert durch die sog. solidarisch-patriotische Strömung. Dies zeigte sich unter anderem am stringenten Ablauf des Landesparteitages im März 2023.

Der AfD-Landesverband mag zwar personell heterogen zusammengesetzt sein, inhaltlich-programmatisch überwiegt jedoch das aus dem früheren „Flügel“ hervorgegangene sog. solidarisch-patriotische Lager, dessen geistiger Vater und Anführer der Rechtsextremist Björn HÖCKE ist und das inzwischen den Charakter des gesamten Landesverbandes prägt und dominiert.

Weiterhin ist eine zunehmende Professionalisierung des AfD-Landesverbandes festzustellen. So nutzt er den der Partei nahestehenden und teilweise über öffentliche Gelder finanzierten „Kommunalpolitischen Bildungsverein Sachsen e. V.“ für die Weiterbildung seiner kommunalen Mandatsträger. Schließlich existieren in allen Landkreisen sowie kreisfreien Städten Fraktionen der AfD in den dortigen Kreistagen bzw. Stadträten mit zum Teil erheblichen politischen Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten. Am 17. Dezember konnte darüber hinaus der parteilose, von der AfD aufgestellte Kandidat die Oberbürgermeisterwahl in Pirna (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) für sich entscheiden. Damit gewann in Deutschland erstmals ein AfD-Kandidat eine solche Wahl.

Die sächsische AfD verfügt mit der Jungen Alternative (JA) – Landesverband Sachsen außerdem über eine als gesichert rechtsextremistisch bewertete Jugendorganisation, welche die „Mutterpartei“ insbesondere in Wahlkämpfen, bei der Durchführung von Veranstaltungen und der Werbung junger Mitglieder unterstützt. Außerdem fungiert die JA mit ihren Veranstaltungen und Auftritten in den sozialen Medien als zentrales Bindeglied zwischen der AfD und der jüngeren Generation.

Kundgebungen, Demonstrationen und Informationsveranstaltungen

Im Herbst und Winter 2022/2023 hielten der AfD-Landesverband Sachsen und dessen Kreisverbände zahlreiche Kundgebungen und Aufzüge gegen die Energie- und Wirtschaftspolitik der Bundes- und Landesregierung ab. In diesem Kontext kam es auch zu Kooperationen mit den erwiesen rechtsextremistischen Freien Sachsen. Nahtlos abgelöst wurde dieses Thema von der grundsätzlichen Kritik am Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland, welches von der AfD seit dem Frühjahr 2023 in das Zentrum ihrer realweltlichen und virtuellen Agitation gestellt wurde. Die Kritik an der Migrationspolitik wurde dabei in einer pauschalisierenden, diskriminierenden und verfassungsfeindlichen Art geäußert.
Typisch für die Aktivitäten der sächsischen AfD im Jahr 2023 waren Demonstrationen und Kundgebungen vor geplanten Asylbewerberunterkünften und Rathäusern. Daneben fanden im Berichtszeitraum vereinzelt größere zentrale Kundgebungen mit teilweise bundesweit bekannten Gastrednern statt. Motto der meisten Veranstaltungen der sächsischen AfD war der bundeseinheitliche Slogan „Unser Land zuerst“, welcher offensichtlich an die Kampagne „America first“ des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Donald Trump anknüpft.

Über Kundgebungen und Demonstrationen hinaus veranstalteten der AfD-Landesverband Sachsen bzw. dessen Kreisverbände zahlreiche Informationsveranstaltungen und offene Stammtische vor allem im ländlichen Raum, zu denen interessierte Bürgerinnen und Bürger eingeladen wurden. Auf diese Weise versuchte die Partei, unter Wahrung einer bürgerlichen Kulisse ihre minderheitenfeindliche Ideologie und verfassungsfeindlichen Zielsetzungen zu verbreiten und Wähler für sich zu gewinnen. Im Rahmen von Informationsveranstaltungen wurde neben dem Thema Migration auch die Kampagne „Vorsicht, Genderwahn im Stundenplan“ verbreitet, die sich gegen eine vermeintliche Frühsexualisierung und Werbung für Geschlechtsumwandlungen in Schulen richtet und eine im Kern homo- und transfeindliche Agitation darstellt. Bei Eltern soll damit die Angst davor geschürt werden, dass ihre Kinder aufgrund einer angeblich „woken“ Bildungspolitik der Bundesregierung zur Infragestellung ihrer eigenen Geschlechtszugehörigkeit und schließlich zu Geschlechtsumwandlungen angestiftet werden.

Regelmäßig wurden bei Kundgebungen des AfD-Landesverbandes Sachsen bzw. seiner Untergliederungen rechtsextremistische Verschwörungstheorien eines vermeintlichen „Bevölkerungsaustausches“, einer „Umvolkung“ oder eines „Great Reset“ verbreitet. Eine Kundgebung der Partei in Pirna am 15. Oktober trug bereits in ihrem Motto „Gegen den Großen Austausch!“ dieses rechtsextremistische Narrativ. Ein Redner auf dieser Kundgebung sprach dann unumwunden von einer „Ersetzungsmigration“, einem „großen Austausch“ und einer „Umvolkung“. Durch Einwanderung würde das eigene Volk aussterben und die Heimat verloren gehen, so der Redner. Weiterhin wurden demokratieverächtliche Aussagen in Reden von AfD-Mitgliedern auf deren Kundgebungen festgestellt, so beispielsweise am 2. Dezember auf einer Kundgebung in Plauen. Ein Vorstandsmitglied des AfD-Kreisverbandes Erzgebirge sprach davon, dass „seit geraumer Zeit […] ein totalitäres System mit zügigem Schritt um die Ecke gebogen kommt“. Der Redner setzte damit die gegenwärtigen politisch-gesellschaftlichen Verhältnisse mit denen in totalitären Systemen gleich.

Landesparteitag

Der Landesparteitag 2023 der sächsischen AfD fand am 25. März als Delegiertenparteitag mit ca. 300 Teilnehmern in Glauchau (Landkreis Zwickau) statt. Inhalte des Parteitages waren Satzungsänderungen, die Verabschiedung einer gegenüber Russland unkritischen „Friedensresolution“, die Wahl der Delegierten für die Aufstellungsversammlung zur Europawahl sowie die Ausrufung des Landesvorsitzenden Jörg URBAN zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2024. Inhaltliche Differenzen bzw. Lagerstreitigkeiten waren auf dem Parteitag nicht zu vernehmen. Dies und die widerspruchsfreie Ausrufung URBANS zum Spitzenkandidaten verdeutlichte einmal mehr die Geschlossenheit des gesamten AfD-Landesverbandes.

Zusammenarbeit mit anderen Rechtsextremisten

Der AfD-Landesvorsitzende Jörg URBAN trat am 24. Februar sowie am 18. Dezember auf der Bühne der erwiesen rechtsextremistischen Bestrebung Pegida in Dresden als Redner auf. Am 18. Dezember lobte er Pegida und hielt eine islam- und migrationsfeindliche Rede. So sei die vermeintliche „Islamisierung“ und „Migrantisierung“ in Deutschland seit 2014 noch „viel schlimmer“ geworden. Pegida habe diese Entwicklungen vorhergesagt. URBAN sprach im Zusammenhang mit dem Zuzug von Migranten weiterhin von „hunderttausendfacher importierter Gewalt“ und einem vorgeblichen „Bevölkerungsaustausch“. Er befeuerte den Sozialneid auf Flüchtlinge, indem er die Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Migranten den finanziellen Nöten von Rentnern gegenüberstellte. Den Medien unterstellte er, dass diese die Kriminalität von Migranten bewusst verschweigen würden. Weiter urteilte er über Journalisten, dass diese „die wirklichen Freiheitsfeinde, die uns unserer Kultur berauben wollen“ seien und bediente damit ein in rechtsextremistischen Kreisen typisches Narrativ einer elitären und „volksfeindlichen“ Medienlandschaft. Der Chefredakteur des Compact-Magazins, der Rechtsextremist Jürgen ELSÄSSER, wurde am 21. September vom AfD-Kreisverband Bautzen als Gastredner zu einer Veranstaltung in Hoyerswerda (Landkreis Bautzen) eingeladen. Am 14. Oktober trat er ebenfalls als Gastredner einer Veranstaltung der AfD in Meißen (Landkreis Meißen) auf. Er sprach dort unverhohlen von einem „Volksaustausch“ und einer „Umvolkung“, hinter welcher ein Plan stecke. Deutschen mit Migrationshintergrund sprach er das Deutschsein ab und bezeichnete sie in abwertender Weise als „Ausländer“. Seiner Ansicht nach sei „Masseneinwanderung“ eine „Messereinwanderung“. Aktuell verantwortliche Politiker bezeichnete er als „Volksverräter“. Distanzierungen seitens der AfD-Veranstalter von diesen rechtsextremistischen Aussagen erfolgten nicht.

Die sächsische AfD verbindet mit den Freien Sachsen eine ambivalente Beziehung. Einerseits ist das Verhältnis geprägt von Konkurrenz bei Wahlen und der Deutungshoheit angesichts der Proteste auf den Straßen sowie gegenseitigen Vorwürfen, was eine Spaltung des sogenannten „patriotischen Lagers“ betrifft. Andererseits sind nach einer Phase der anfänglichen Distanzierung der AfD Sachsen von den Freien Sachsen nunmehr zunehmend Kooperationen feststellbar. Landesweit gab es gemeinsame Demonstrationen und Kundgebungen der beiden Parteien bzw. einzelner Vertreter der Parteien, so u. a. am 27. Januar in Kriebstein OT Kriebethal (Landkreis Mittelsachsen) und am 30. März in Zittau (Landkreis Görlitz). Die Bezüge der sächsischen AfD zu den Freien Sachsen gehen jedoch auch über reine, eher spontane Veranstaltungskontakte hinaus. Ein AfD-Funktionär aus dem Kreisverband Chemnitz war beispielsweise am 27. Januar in Hartmannsdorf (Landkreis Mittelsachsen) Moderator einer von den Freien Sachsen organisierten Lesung aus dem Buch „Scheindemokratie“. Erkenntnissen des LfV Sachsen zufolge findet die Zusammenarbeit zwischen AfD Sachsen und Freien Sachsen ausschließlich auf lokaler Ebene, nicht jedoch auf der Landesebene, statt.

Darüber hinaus nahm der AfD-Landesvorsitzende Jörg URBAN am 25. März an der Jubiläumsfeier der erwiesen rechtsextremistischen Bestrebung Institut für Staatspolitik in Schnellroda (SachsenAnhalt) teil.

Sowohl bei internen Veranstaltungen als auch auf einzelnen Kundgebungen der AfD Sachsen sind die Rechtsextremisten Andreas KALBITZ (Brandenburg) und Björn HÖCKE (Thüringen) gern gesehene Gäste. So traten beide Personen am 4. Februar in Hartmannsdorf (Landkreis Mittelsachsen) zusammen mit dem sächsischen Landesvorsitzenden Jörg URBAN bei einem informellen und landesübergreifenden Treffen von Mitgliedern der AfD und der Jungen Alternative auf. Weiterhin trat Andreas KALBITZ am 11. Februar und am 3. Juni ebenfalls als Gast bei parteiinternen Treffen auf. Der AfDKreisverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge lud KALBITZ darüber hinaus am 25. August zu seinem Sommerfest ein, und am 16. Dezember war er in Freital (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) als Redner bei einer Kundgebung des AfD-Kreisverbandes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zugegen. Obwohl KALBITZ wegen seiner rechtsextremistischen Vergangenheit aus der AfD ausgeschlossen wurde und im Jahr 2021 seitens des damaligen AfD-Bundesvorstandes ein Auftrittsverbot bei Parteiveranstaltungen gegen ihn verhängt wurde, trat er im Berichtsjahr, wie beschrieben, regelmäßig als Gast und Redner bei der AfD Sachsen auf. Distanzierungen von KALBITZ bzw. Konsequenzen für die verantwortlichen Kreisverbände waren ausgeblieben. Die vielzähligen Kontakte und Bezüge der AfD Sachsen zu anderen erwiesen extremistischen Organisationen und Personen belegen, dass der hiesige Landesverband inzwischen bewusst und unverhohlen mit anderen Rechtsextremisten zusammenarbeitet. Die Aussage des Vorsitzenden des AfD-Kreisverbandes Zwickau vom August 2023, wonach es keine roten Linien bezüglich einer Zusammenarbeit mit allen, die „unser Land voranbringen und Deutschland retten wollen“ geben dürfe, passt in diese Entwicklung.

Der AfD-Landesverband Sachsen nutzt geschickt eine weithin verbreitete politische und gesellschaftliche Krisenstimmung für seine eigenen verfassungsfeindlichen Zielsetzungen aus und zelebriert sich bei den Protestteilnehmern, den Wählern und seinen Followern in den sozialen Medien als „Fundamentalopposition“. Er gibt vor, einziges wirkungsvolles „Sprachrohr“ der hiesigen Bevölkerung gegen „die da oben“ zu sein. Aktuelle Umfragen belegen, dass die AfD längst keine Protestpartei mehr ist, sondern hierzulande inzwischen aus Überzeugung gewählt wird. Im Freistaat Sachsen könnte sie bei den nächsten Landtagswahlen sogar als stärkste politische Kraft hervorgehen. Obwohl die Partei im Laufe der Zeit kaum noch Anstrengungen unternommen hat, sich von ihren rechtsextremistischen Positionen und Kräften deutlich abzugrenzen, derartigen Strömungen vielmehr Tür und Tor geöffnet hat, ist sie in der Bevölkerung offensichtlich populärer denn je. Konkrete Wahlergebnisse belegen, dass dieser rechtsextremistische Kurs in der gesellschaftlichen Mitte auf immer breitere Resonanz stößt, obwohl inzwischen verfassungsfeindliche Positionen mit Nachdruck als Maßstab des politischen Handelns öffentlich gefordert und vertreten werden. Mit ihrem Konzept der Doppelstrategie hat sich die AfD Sachsen bereits in der hiesigen Wählerschaft fest verankert.

zurück zum Seitenanfang