ROTE HILFE E.V. (RH)
Sitz | Göttingen (Niedersachsen) Bundesgeschäftsstelle | |||||||||
Gründung | 1975 | |||||||||
Hauptorganisation/ übergeordnete Gruppierung | Rote Hilfe e. V. | |||||||||
Teilorganisationen in Sachsen |
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Finanzierung |
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Internetauftritte | Internetseiten sowie Profile sächsischer Orts- und Regionalgruppen und der Bundesorganisation auf „X“ (vormals Twitter) | |||||||||
Publikation | „Die Rote Hilfe“ (vierteljährlich und als Online-Magazin) | |||||||||
Personenpotenzial/ Mitgliederentwicklung |
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Kurzporträt/Ziele |
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Ereignisse/ Entwicklungen 2023 |
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Die RH wird von Linksextremisten unterschiedlicher ideologisch-politischer Ausrichtung getragen. Sie versteht sich laut ihrer Satzung als „parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutzund Solidaritätsorganisation“, die sich im „Kampf gegen die staatliche Repression“ und „die politische Justiz“ engagiert.
Die RH versteht Maßnahmen der Polizei, der Justiz und des Strafvollzugs als Mittel der Machthaber zur Herrschaftssicherung und zielt damit auf eine Diskreditierung des demokratischen Rechtsstaates und seiner Institutionen ab. Deren Handeln sei rein politisch motiviert, willkürlich sowie grund- und menschenrechtswidrig. So deutet die RH z. B. die Anti-Terror-Gesetze als „Feindstrafrecht, […] das für Gegner*innen der bürgerlichen Ordnung geschaffen wurde, für die die Regeln einer ‘normalen‘ Prozessführung und Ermittlung nicht mehr gelten“ würden.
Vordergründiges Anliegen der RH ist die finanzielle und politische Unterstützung von Straf- und Gewalttätern des „linken“ Spektrums, „die in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer politischen Betätigung verfolgt werden“. Die RH unterstützt sie in Strafverfahren mit Geldbeträgen und sichert ihnen Solidarität zu. Außerdem betreut sie „politische Häftlinge“, um deren Bindung an die linksextremistische Szene während der Haft und darüber hinaus zu erhalten.
Die RH unterstützt einen politisch motivierten Straftäter nur dann, wenn er auch weiterhin zu seiner Tat steht. Eine Zusammenarbeit mit Behörden, z. B. zur Verringerung des zu erwartenden Strafmaßes, wertet die RH als Preisgabe der politischen Positionen und als Verrat an der gemeinsamen Sache. So wird das Bestreiten eines Tatvorwurfes vom Bundesvorstand „[…] als Distanzierung von der politischen Aktion bewertet und die beantragte Unterstützung nicht bewilligt.“ Dies gilt auch für Fälle, bei denen die Tat „entpolitisiert“ wird, indem diese beispielsweise verharmlosend als „Jugendsünde“ dargestellt wird. Bereits bei Tätigung entsprechender Aussagen des Betroffenen vor Gericht kürzt die RH ihren Unterstützungssatz.
Auch mittels öffentlichkeitswirksamer Informationsveranstaltungen oder veröffentlichter Stellungnahmen versucht die RH, den Rechtsstaat zu diskreditieren, der aus ihrer Sicht vor allem daran arbeite, „linken Protest zu kriminalisieren“ bzw. „Widerstand“ zu „diffamieren“
Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Mitgliederzahl der RH in Sachsen auf einen neuen Höchststand von ca. 575 Personen an und folgt damit dem bundesweiten Trend, der einen anhaltenden Wachstumsprozess abbildet. Die Mitgliederzahlen der RH wirken sich allerdings nicht auf die Gesamtzahl der sächsischen Linksextremisten aus, da die Mitglieder der RH häufig zugleich Mitglied in anderen linksextremistischen Bestrebungen sind und andererseits nicht alle Mitglieder des Vereins selbst verfassungsfeindliche Zielsetzungen verfolgen.
Örtlich gliedert sich die RH in selbstständig arbeitende Orts- bzw. Regionalgruppen. In Sachsen sind dies die Ortsgruppen Leipzig, Dresden sowie die Regionalgruppe Südwestsachsen mit den Ortsgruppen Chemnitz und Plauen. Organe sind die Bundesdelegiertenversammlung und der Bundesvorstand. Die vom Bundesvorstand gefassten Beschlüsse setzen die Ortsgruppen eigenverantwortlich um. Sie sind gegenüber dem Bundesvorstand rechenschaftspflichtig.
Aktionsschwerpunkt der RH ist die Antirepressionsarbeit. Sie stellt Broschüren und Flyer wie zum Beispiel „Rote Hilfe Info zu Strafbefehlen“ und „Was tun wenn’s brennt?!“ oder die sog. „Aussageverweigerungsbroschüre“ zur Verfügung. Weiterhin beschreibt sie die Arbeit der staatlichen Behörden und gibt Verhaltensrichtlinien gegen die von ihr empfundene staatliche „Repression“ heraus, beispielsweise in einem im Internet veröffentlichten Beitrag namens „Anna und Arthur halten die Augen offen!“.
Die Unterstützung der Angeklagten im Prozess gegen Lina E. und drei weitere Personen vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden wurde bis Prozessende fortgeführt. Übereinstimmend dazu ergaben die Vorwürfe gegen Beschuldigte im sog. „Budapest-Komplex“ ein weiteres Betätigungsfeld im Berichtsjahr. Im Dezember wurde diesbezüglich ein mutmaßlich Tatverdächtiger in Berlin verhaftet, was auch durch die RH aufgegriffen wurde. Die RH Ortgruppe Leipzig schrieb dazu auf der Plattform „X“ (vormals Twitter): „Wir werden die Jagd der Behörden auf unsere Leute nicht still und heimlich erdulden. Der Antifaschismus ist so notwendig wie eh und je und er lässt sich nicht verbieten und nicht einsperren!“
In ihren Ortsgruppen führt die RH regelmäßig Rechtsberatungen zu Themen wie „Umgang mit Staatspost, Polizeiübergriffen und anderweitiger Repression“ durch. Mit Hinweisen zum Schutz vor Strafverfolgung sowie dem Angebot politischer und materieller Hilfe mindert sie die abschreckende Wirkung strafrechtlicher Sanktionen. Sie flankiert die von ihr als besonders spektakulär empfundenen Fälle von „Repression“ durch entsprechende Kampagnen, Presseerklärungen oder Solidaritätskundgebungen. So mobilisierte sie wegen des erwarteten Protestgeschehens im Nachgang zur Urteilsverkündung im Prozess gegen Lina E., dem sog. „Tag X“, zu verschiedenen Informationsveranstaltungen. Dazu gehörte beispielsweise die Veranstaltung „Staying clean – Repression bei Demos vermeiden“ am 20. April in Leipzig. Im Zuge der nachträglichen Aufarbeitung des „Tag X“-Protestgeschehens stellte die RH umfangreiches Informationsmaterial für „Repressionsbetroffene“ bereit und bot Rechtsberatungen an. Die RH äußerte sich zum Verfahren gegen Lina E. und die weiteren Angeklagten wie folgt: „Man kann der Meinung sein, dass Gewalt im Kampf gegen Nazis mehr Schaden als Nutzen hervorbringt […]. Aber man muss sich auch ins Bewusstsein rufen: Es gibt Nazis und Faschist*innen. Wenn die ungestört machen können, was sie wollen, besteht diese Welt nur noch aus Stacheldraht, Gewalt und den Leichen ihrer Opfer. Und es gibt Menschen, die beschlossen haben, dass sie dem faschistischen Treiben nicht tatenlos zusehen oder sich darauf verlassen werden, dass irgendwer anders irgendwann schon irgendwas unternehmen wird. […] Antifa heißt mehr als Nazis jagen, Antifa heißt das Ganze hinterfragen.“
Damit brachte die RH zum Ausdruck, dass Faschismus nur durch Militanz und nicht durch den Rechtsstaat zu bekämpfen sei. Dieser ist der Lesart von Linksextremisten zufolge ebenfalls von „Faschisten“ durchsetzt, weshalb es notwendig sei, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
Hinsichtlich ihres Aktionsniveaus galt die RH Ortsgruppe Leipzig im Berichtsjahr erneut als aktivste sächsische Ortsgruppe der RH.
Die Antirepressionsarbeit bleibt das zentrale Aktionsfeld der RH. Während des Berichtszeitraums standen Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Prozess gegen Lina E. und drei weitere Angeklagte erneut deutlich im Vordergrund. Die in diesem Zusammenhang erfolgten Aktivitäten ermöglichten der RH, für ihr „Leistungsportfolio“ zu werben und durch dessen gezielte Anwendung Wirkung zu entfalten. Im Ergebnis konnte diese linksextremistische Gruppierung auch im Freistaat Sachsen ihre Mitgliederzahl steigern.