DOGMATISCH LINKSEXTREMISTEN
Unter dem Oberbegriff Dogmatische Linksextremisten werden jene Bestrebungen zusammengefasst, die sich zu den Theorien von Marx, Engels und Lenin, der These vom Klassenkampf sowie zur Diktatur des Proletariats bekennen. Gemeinsamer weltanschaulich-politischer Nenner dieser orthodox-kommunistischen Gruppierungen ist die Ablehnung der Grundlagen und Wertvorstellungen des demokratischen Verfassungsstaates. Ziel ist die Auflösung der Institutionen der parlamentarischen und rechtsstaatlichen Demokratie.
Dem Beobachtungsobjekt Dogmatische Linksextremisten werden demnach Personenzusammenschlüsse in Sachsen zugerechnet, die sich ideologisch zum Kommunismus bekennen. Darunter befinden sich sowohl gewaltorientierte als auch nicht gewaltorientierte Organisationen. Erstere schließen den Einsatz von Gewalt als strategisches Mittel zur Erreichung ihrer politischen Ziele explizit nicht aus.
SItz | Leipzig | ||||||
Gründung | 2016 | ||||||
Hauptorganisation/ übergeordnete Gruppierung | Rote Wende Leipzig | ||||||
Teilorganisationen in Sachsen |
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Finanzierung | nicht bekannt | ||||||
Internetauftritte | Internetseite sowie Profile in den sozialen Medien | ||||||
Publikation | nicht bekannt | ||||||
Personenpotenzial/ Mitgliederentwicklung |
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Kurzporträt/Ziele |
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Ereignisse/ Entwicklungen 2023 |
Ereignisgeschehen u. a. anlässlich der Aktionsschwerpunkte:
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Ideologie
Die Rote Wende Leipzig versteht sich als „traditionell kommunistische“ Gruppierung und lehnt die grundgesetzliche Ordnung ab. Ihr Selbstverständnis von der notwendigen Umwälzung der bestehenden Eigentums- und Produktionsverhältnisse, einhergehend mit der Abschaffung des bürgerlichen Staates, manifestiert die Gruppe regelmäßig in Beiträgen auf ihrer Internetseite sowie ihren Profilen in den sozialen Medien. Der bürgerliche Staat und seine politische Ordnung werden als Instrument des Kapitalismus zur Unterdrückung der Arbeiterklasse verstanden. Stattdessen propagiert die Rote Wende Leipzig eine „befreite, klassenlose Gesellschaft“. Das Eintreten der Roten Wende Leipzig für einen gewalttätigen Antifaschismus und gegen Exekutivmaßnahmen der Polizei richtet sich gegen das Gewaltmonopol des Staates und das Recht auf körperliche Unversehrtheit einer jeden Person. In Reaktion auf das Urteil im Prozess gegen Lina E. und die Mitangeklagten äußerte sich die Gruppierung am 31. Mai auf der Plattform „X“ (vormals Twitter) wie folgt:
„Antifaschismus ist in einem Staat, welcher sich dezidiert als antikommunistisch versteht, selbstverständlich kriminell – Deutschland muss sterben, damit wir leben können!“
Strategie
Die Gruppe ist in den sozialen Medien präsent, baut regional und überregional Kontakte zu anderen linksextremistischen Gruppen und Bündnissen auf und zeigt sich regelmäßig bei öffentlichkeitswirksamen Demonstrationen, Kundgebungen, Gedenk- und Solidaritätsveranstaltungen. Die Rote Wende Leipzig besetzt inhaltlich grundsätzlich anschlussfähige Themen wie Antikapitalismus, Antimilitarismus, Antirepression oder Klimaschutz. Ziel ist es, mit ihren Positionen Sympathisanten zu politisieren, zu organisieren und zu mobilisieren. Dabei wendet sie sich auch gezielt an Jugendliche und Heranwachsende.
Aktivitäten
Neben der Präsenz in verschiedenen sozialen Medien nahmen die Rote Wende Leipzig, die Revolutionären Frauen Leipzig und die Jugend im Kampf im Berichtsjahr regelmäßig an sowohl nicht extremistischen als auch extremistischen öffentlichkeitswirksamen Demonstrationen, Kundgebungen, Gedenk- und Solidaritätsveranstaltungen teil. Dabei wurden ihrer Strategie entsprechend die o. g. Themen besetzt. Beispielsweise beteiligten sich Rote Wende Leipzig und Revolutionäre Frauen Leipzig an der Demonstration zum 1. Mai unter dem Motto „Arbeitskämpfe sichtbar machen – Für die soziale Revolution!“ in Leipzig. Die Gruppierungen traten hier als geschlossener Block mit eigenen Transparenten (u. a. „Den Klassenkampf organisieren!“) auf; die Mitglieder führten rote Stockfahnen und rote Schlauchschals mit.
Zum Jahresende beteiligte sich die Rote Wende Leipzig am 31. Dezember an einer Kundgebung vor der JVA Leipzig. Ihren auch auf der Homepage veröffentlichten Redebeitrag beendete die Gruppe mit der eindeutigen Positionierung:
„Kriminell ist dieses System! Kampf der Klassenjustiz! Knastkampf heißt Klassenkampf!“
Sitz | Dresden | ||||
Gründung | 2021; im Jahr 2023 vom LfV Sachsen als linksextremistische Bestrebung eingestuft | ||||
Hauptorganisation/ übergeordnete Gruppierung | Rotes Dresden | ||||
Teilorganisationen in Sachsen | nicht bekannt | ||||
Finanzierung | nicht bekannt | ||||
Internetauftritte | Internetseite sowie Profile in den sozialen Medien | ||||
Publikation | nicht bekannt | ||||
Personenpotenzial/ Mitgliederentwicklung |
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Kurzporträt/Ziele |
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Ereignisse/ Entwicklungen 2023 |
Ereignisgeschehen u. a. anlässlich der Aktionsschwerpunkte:
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Ideologie
Rotes Dresden bezeichnet sich als „kommunistische Jugendgruppe aus Dresden“. Ideologische Basis der Gruppe sind die Theorien von Karl Marx und Friedrich Engels. Denen zufolge sei die gesamte Menschheitsgeschichte eine Geschichte von Klassenkämpfen. Zwischen diesen Klassen, den „Kapitalist*innen und Arbeiter*innen“, existiere ein Widerspruch, welcher letztlich nur durch eine Revolution aufgelöst werden könne. Dies impliziert die Forderung nach der Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, insbesondere der Elemente der Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsgemäße Ordnung, des Wahlrechts sowie der Ablösbarkeit der Regierung und des Mehrparteienprinzips:
„Wir setzen also nicht auf eine Lösung durch Reformen und lehnen es ab, unsere Hoffnungen in bürgerliche Parteien zu setzen. Die Befreiung der Arbeiter*innen benötigt den Sturz des kapitalistischen Systems und die Schaffung „eines Vereins freier Menschen“: des Kommunismus.“
Auch beim Aktionsfeld „Antifaschismus“ werden Militanz und Gewaltorientierung der Gruppierung deutlich. „Revolutionärer Antifaschismus“ bedeutet für Rotes Dresden, „dass man faschistische Umtriebe nicht losgelöst von den aktuellen Verhältnissen betrachten und erst recht nicht bekämpfen kann.“ Vielmehr würden „Kapitalismus und die bürgerliche Gesellschaft“ den Nährboden für Faschismus in der heutigen Gesellschaft bilden. Faschistische Bewegungen würden zudem weltweit an Zulauf gewinnen, weshalb Antifaschismus notwendig sei. „Um so wichtiger ist es, Antifaschismus nicht losgelöst von einer revolutionären Politik zu betrachten, sondern als unverzichtbares Mittel zum Aufbau einer revolutionären Bewegung zu sehen. Reaktionäre bis faschistische Organisationen müssen nicht nur direkt zum Ziel werden, sondern wir haben auch die gesellschaftliche Hegemonie als soziales Verhältnis durch klassenkämpferische Politik und damit Staat, Nation und Kapital direkt anzugreifen“.
Strategie
Rotes Dresden ist in den sozialen Medien präsent, hält Kontakte zu anderen linksextremistischen Gruppen und Bündnissen und nimmt regelmäßig an öffentlichkeitswirksamen Demonstrationen, Kundgebungen, Gedenk- und Solidaritätsveranstaltungen teil. Inhaltlich beschäftigen sich diese Linksextremisten ebenfalls mit den Themen Antikapitalismus, Antimilitarismus, Antirepression oder Klimaschutz. Ziel ist es, mit ihren Positionen Sympathisanten zu politisieren, zu organisieren und zu mobilisieren.
Aktivitäten
Rotes Dresden hat im Berichtsjahr an zahlreichen Demonstrationen, Kundgebungen und Protestaktionen teilgenommen. Die Veranstaltungen umfassten die gesamte für Linksextremisten relevante Themenbreite von „Antikapitalismus“, „Antifaschismus“, „Kampf gegen das Patriarchat“, „Antirepression“ bis zum „Klimakampf“. Nach eigener Aussage im Jahresrückblick auf der Plattform „Instagram“ beteiligte sich die Gruppe auch an militanten Aktionen, wie beispielsweise an Blockaden im Zusammenhang mit Protesten gegen die IAA in München (Banner mit der Aufschrift „Wir hassen Autos und die Bullen – Den automobilen Kapitalismus angreifen!“). Bei einigen Demonstrationen zeigte Rotes Dresden eigene Banner und Transparente (z. B. mit der Aufschrift „Krieg den Deutschen Zuständen“ auf der Demonstration „Tag der Jugend“ am 1. Juni in Leipzig). Die Gruppe ist in den sozialen Medien vertreten und berichtete dort über ihre Aktivitäten. So veröffentlichte sie auf ihrem Instagram-Kanal beispielsweise einen Jahresrückblick, der verschiedene Beiträge aus 2023 zusammenfasste und mit entsprechenden (Symbol-)Bildern (u. a. Einsatz von Bengalos, Feuerwerkskörper treffen Polizeifahrzeuge oder brennende Kfz im Zusammenhang mit der IAA) unterlegte.
Ideologische und organisatorische Verbindungen bestehen zur Roten Wende Leipzig und deren Unterorganisationen, weshalb auch gemeinsame Veranstaltungen durchgeführt wurden. Am 8. März reiste Rotes Dresden beispielsweise „zu unseren Genoss*innen von den Revolutionären Frauen Leipzig“, um in der Messestadt gemeinsam an einer Demonstration teilzunehmen.
Fazit Rote Wende Leipzig und Rotes Dresden
Binnen weniger Jahre entstanden mit Rote Wende Leipzig und nun auch mit Rotes Dresden kommunistisch ausgerichtete linksextremistische Gruppierungen jenseits der „verkrusteten“ Strukturen der orthodox-kommunistischen Parteien. Offenbar gab es auch in Dresden das Bedürfnis, sich kommunistischen Ideologien auf „moderne“ Art und Weise, d. h. mit Auftritten in den sozialen Medien, entsprechenden Themen bzw. Aktionen unter dem Motto „Revolution“ und der immer wieder betonten grundsätzlichen Gewaltorientierung, zu öffnen. Somit erleben diese linksextremistischen Ideologieelemente gegenwärtig eine „Renaissance“ innerhalb der Szenen in Leipzig und Dresden sowie eine Anschlussfähigkeit für junge, kommunistisch ausgerichtete Menschen. Da Themen wie Inflation, Klimawandel, Streiks, bezahlbarer Wohnraum und soziale Gerechtigkeit im öffentlichen Diskurs sehr präsent sind, dürften sich Dogmatische linksextremistische Gruppierungen wie Rote Wende Leipzig und Rotes Dresden in ihrer ideologischen Ausrichtung bestätigt fühlen und unter Umständen sogar auch eine gewisse gesellschaftliche Akzeptanz hinsichtlich ihrer gewaltfreien Aktionen erfahren. Gegenwärtig kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die grundsätzliche Gewaltorientierung künftig auch einmal in tatsächliche Gewaltanwendung gegen den politischen Gegner umschlägt.
Zu den nicht gewaltorientierten orthodox-kommunistischen Dogmatischen Linksextremisten zählen die Kommunistische Plattform der Partei „Die Linke“ (KPF), die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) inklusive ihrer Nachwuchsorganisation Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) und die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD).
Ideologie und Strategie
Die DKP und die KPF bekennen sich zu den Lehren von Marx, Engels und Lenin. Die Errichtung des Sozialismus soll demnach auf revolutionärem Wege durch die Beseitigung der bestehenden Gesellschaftsordnung und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erfolgen. So heißt es im nach wie vor aktuellen Programm der DKP: „Der Sozialismus kann nicht auf dem Weg von Reformen, sondern nur durch tiefgreifende Umgestaltungen und die revolutionäre Überwindung der kapitalistischen Eigentums- und Machtverhältnisse erreicht werden.“
Die Präambel der MLPD weist in dieselbe Richtung:
„Die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) versteht sich als politische Vorhutorganisation der Arbeiterklasse in Deutschland. Ihr grundlegendes Ziel ist der Sturz der Diktatur des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals und die Errichtung der Diktatur des Proletariats in Deutschland als Teil der internationalen sozialistischen Revolution.“
Im Unterschied zu anderen orthodox-kommunistischen Gruppierungen, die sich kaum noch offen auf Stalin oder Mao Tse-tung beziehen, ist bei der MLPD hingegen ein offensives Bekenntnis zu diesen Diktatoren festzustellen. Dies zeigt, dass die MLPD im Gegensatz zur DKP oder KPF nicht nur marxistisch-leninistisch, sondern auch stalinistisch und maoistisch ausgerichtet ist.
Mit ihrem ausgeprägten ideologischen Dogmatismus und dem exklusiven Anspruch auf den „wahren Sozialismus“ stößt die MLPD jedoch ebenso wie die eng am orthodoxen Marxismus orientierten Gruppierungen DKP und KPF selbst im orthodox-kommunistischen Spektrum auf geringe Akzeptanz. Sie ist auch deswegen weitgehend isoliert.
Personenpotenzial
Orthodoxe linksextremistische Gruppierungen verfügen im Freistaat Sachsen über ein Potenzial von ca. 80 Personen. Diese haben allerdings nur einen marginalen Einfluss auf den Linksextremismus in Sachsen.
Aktivitäten
Aufgrund ihres insgesamt geringen Personenpotenzials, aber auch wegen ihrer strukturellen Schwächen, beschränken sich Aktionen dieser Gruppierungen überwiegend auf interne Treffen, Vortragsveranstaltungen und Veröffentlichungen im Internet. Gelegentlich treten orthodoxe linksextremistische Organisationen mit eigenen Kundgebungen oder Informationsständen öffentlich auf oder beteiligen sich an nicht extremistischen Versammlungen.
Fazit
Orthodox-kommunistische Parteien oder Gruppierungen sind aufgrund ihres inhaltlichen Dogmatismus sowie ihrer autoritär-zentralistischen Strukturen innerhalb der linksextremistischen Szene weitgehend isoliert. Aufgrund des überwiegend hohen Alters ihrer Mitglieder sind sie auch nicht im Bereich des aktionsorientierten Linksextremismus vertreten. Mit ihren Aktivitäten erreichen sie nur wenige Personen.